Begegnung mit dem Auferstandenen

Emmaus
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Wenn die Gegenwart nichts Verheißungsvolles bereithält, dann liegt die Flucht in die Vergangenheit nahe.

Ein Jahr mit Corona liegt nun hinter uns. Und vielleicht ging es Ihnen wie mir: Abgesehen von den etwas entspannteren Sommermonaten, war ich gedanklich oft in der Vergangenheit unterwegs. Je länger der Ausnahmezustand andauert, desto häufiger. Ich musste an Urlaube am Meer denken, an Geburtstagsfeiern mit der Großfamilie, an den Einkehrschwung mit einer guten Brotzeit nach einer langen Wanderung, an den Klang gemeinsamen Singens im Gottesdienst und manches mehr. Vergangenes lebte auf, zurück blieb der Schmerz des Vermissens und brennende Ungeduld. Wie lange noch?

In der Bibel lesen wir eine Geschichte, in der es zwei Jüngern ganz ähnlich geht. Ein Lebensabschnitt ist zu Ende. Hinter ihnen liegen tolle Jahre mit Jesus, dem Wanderprediger, mit dem sie mitgegangen waren. Sie hatten von ihm so viel Neues über Gott gehört. Sein ganzes Wesen hatte sie fasziniert. Sie hatten große Hoffnungen auf ihn gesetzt. Und jetzt ist alles vorbei. Er war gestorben. Gekreuzigt hatten ihn die Römer, und er hatte sich nicht gewehrt.

Jetzt gehen sie den Weg zurück in ihr Heimatdorf, um im Alten und Vertrauten Halt zu finden. Hauptsache weg vom Ort des Grauens, weg von den anderen, die genauso erschüttert sind wie sie. Sie kennen den Weg. Automatisch setzt sich ein Fuß vor den anderen. Gedanken steigen in ihnen auf. Erinnerungen. Sie erzählen sich alte Geschichten. Weißt du noch, damals… ?

Da gesellt sich ein Fremder zu ihnen. Er fragt, worüber sie reden. Noch einmal erzählen sie alles, wiederholen, was sie noch nicht fassen können, lassen Vergangenheit aufleben. Der Fremde hört zu, hält den Schmerz mit ihnen aus und deutet die Ereignisse. Seine Worte gehen in den Kopf, aber noch nicht ins Herz. Doch etwas ist an ihm, das sie berührt.

Als sie zuhause ankommen, laden sie den Fremden ein. Bleib bei uns, denn es ist schon Abend geworden. Und als er das Brot nimmt, auseinanderbricht und ihnen reicht, erkennen sie ihn. Dieses war seine Geste der Gemeinschaft! Jesus, der Auferstandene ist da. Er war schon den ganzen Weg dabei gewesen. den ganzen langen Weg der schmerzhaften Erinnerung. Und sie hatten es nicht gemerkt.

Kaum haben sie ihn erkannt, verschwindet er vor ihren Augen. Aber etwas ist mit ihnen geschehen. Die Begegnung mit dem Auferstandenen hat sie selbst wieder lebendig gemacht, voller Energie und Freude. Sie rennen nach Jerusalem zurück, um den anderen davon zu erzählen.

In der Flucht in die Vergangenheit auf die Zukunft treffen. In der Traurigkeit urplötzlich dem Leben begegnen. Im Nachhinein entdecken: Christus war ja die ganze Zeit bei mir gewesen, und ich hatte es nicht gemerkt. Das sind Auferstehungserfahrungen mitten im Leben.

Vielleicht erinnern Sie sich an solche Erfahrungen wenn Sie zurückdenken. An Hoffnung, die sich urplötzlich einstellte, an Kraft, die wieder zurückkehrte, an Leichtigkeit und unbändige Lebenslust trotz frustrierender Tage. Am Ostern feiern wir die Auferstehungskraft Gottes. Gott hat Jesus auferweckt zu einem neuen Leben. Ihn zuerst. Und alle, die zu ihm gehören, werden seine Kraft erfahren. Er ist ja schon längst an unserer Seite.

Ich wünsche Ihnen hoffnungsvolle Osterwochen!

Ihre Dekanin Kerstin Baderschneider