Wort für die Woche - von Pfrin. Reichel

Bildrechte beim Autor

Ideen entwickeln – Spaß finden – Gutes tun 

Du schneidest dir selbst die Haare, stellst vorher-nachher-Bilder ins Netz und lachst mit anderen, die die gleichen Probleme haben. Das gesparte Geld spendest du für Menschen, die jetzt besonders in Not sind, – das fühlt sich richtig gut an! #haircutchallenge ist eine der unfassbar vielen Ideen, die in der Krise entstanden sind. Da werden Einkäufe für ältere Menschen organisiert, gemeinsam digital musiziert und gebetet, jemand hängt eine Klopapierrolle am Schmuckband an seine Haustür für „Bedürftige“; und kaum war der Mangel an Schutzausrüstung klar, gab es schon ein Netzwerk von Informatikern, die Folien im Baumarkt besorgen und im 3-D-Drucker Atemschutze für Kliniken herstellten.

Ist das nicht großartig, was dieses fiese Virus wie die Sonne zum Schatten an Kreativität und Gemeinsinn mit sich bringt? Über Wochen ziehen Politiker verschiedenster Parteien weitgehend an einem Strang, bringen drastische Maßnahmen und millionenschwere Hilfspakete fast im Stundentakt auf den Weg. Was für eine grandiose Freiheit: Neues entdecken, kreative Lösungen finden, uns aufmerksamer begegnen. Ostern ist der Durchbruch unbändiger Lebenskraft!

Dies frische Leben ist teuer erkauft: der Zerstörungswelle abgerungen, die unzählige Menschen an den Abgrund führt. Was müssen da viele aushalten! Mit dem, der jetzt sein Einkommen verliert, wird das Lebenswerk von Generationen zerstört. Und das alles, damit die gesamte Bevölkerung – und dazu gehören wir - halbwegs durchkommt. Da leiden viele und sterben Existenzen auch für meine Sicherheit. Sollten wir die Chance verspielen, diese ungeheuerliche Krise umsichtig in Griff zu nehmen und die Welt freundlicher zu gestalten? 

Die allgegenwärtige Anspannung will sich Luft machen. Die Frage ist nur, in welche Freiheit der Überdruck entweicht: gibt es einen gigantischen Knall und übrig bleiben nur Fetzen? Oder gelingt es, der Spannung ein Ventil zu geben: erste Einkäufe zu genießen, und Einschränkungen zu tragen zum Schutz für uns alle? Die Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied. 

Ein paar unbeschwerte Osterlacher, frischen Lebensmut, Schutz und Segen in dieser schwierigen Zeit wünscht Ihnen 

Maria Reichel, Schwanbergpfarrerin 

 

erschienen am 20.4.2020 in: Mainpost Kitzingen